Screamtime - Die unheimlich verrückte Videostunde (1983)
Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 5 / 10) eingetragen am 28.10.2019, seitdem 111 Mal gelesen
Irgendwo in dem kaum noch koordinierbaren Haufen von Slasherfilmen, die ab 1978 über die Welt hereinbrachen, warten immer noch drei oder vier Obskuritäten darauf, dass ihre kuriose Existenz doch noch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, bevor auch die letzte VHS-Kassette zu Staub zerfällt.
„Screamtime“ ist einer von diesen Filmen, von dem die meisten vermutlich noch nie gehört haben, wenn nicht ausgerechnet in ihrer Videothek eines dieser raren Tapes rumgestanden hat.
Exotisch ist er vor allem, weil er nämlich nicht aus den Staaten ist, sondern aus Großbritannien kommt und da kann auch die bemühte Rahmenhandlung, die mit Ladendiebstahl am Times Square anfängt, nichts besser vortäuschen.
Die Episoden, die dann folgen – drei an der Zahl – sind jedoch wieder urbritisch bis ins Mark, wobei man auf die bekannten Vorbilder der Insel auf filmischem Gebiet – Hammer und Co. – dann doch lieber verzichtet.
Der Plot ist dabei angenehm schmal: zwei kleine Poser klauen drei Horror-VHS und klemmen sich samt ihrer Freundin vor den vorsintflutlichen VHS-Rekorder.
In der ersten Episode kämpft dann ein beruflich sehr erfolgloser Pupperspieler mit einem klassischen Punch &Judy-Stand um das Überleben, denn die Kohle regnet nur spärlich, der Sohn hasst die Marotte des Vaters, die Ehefrau will nach Kanada auswandern.
Da dauert es nicht lange bis jemand den undankbaren Mob blutigst mit einer Planke zusammendrischt, wie Punch sie eine gegen das Puppenkrokodil führt. Wer das ist, sei hier mal nicht verraten.
Die zweite Episode präsentiert dann das „Traumhaus, welches keines ist“ – das neue Domizil eines Ehepaars entpuppt sich für die Gattin als ein Hort bösartiger und blutiger Visionen. Nicht mal für die Hellseherin ist in dem Haus auch nur ein Schatten auf der Lampe zu entdecken, aber solche Stories haben ja immer eine Pointe, wobei der Hausdame mit der schlimmsten Brille und Frisur, die man sich 1983 vorstellen konnte, der Keks mürbe wird.
Die dritte Episode variiert dann die erste, wenn ein Quartett aus Twens beim Versuch, die Kohle eines leicht weichkeksigen Damenpärchens zu klauen, welches an Feen und Heinzelmännchen glaubt, von eben diesen Fabelwesen alle gemacht wird.
Ausgedacht hat sich diese Videostunde – die nun auch wirklich nur im Kleinhirn des Vermarkters „unheimlich verrückt“ ist, weil „Creepshow“ gerade noch in aller Munde war – Michael Armstrong, der auch „Das Haus der langen Schatten“ verbrochen hat. Gemeinsam mit Regisseur Stanley A. Long bildet er gemeinsam auch das Regiepseudonym Al Beresford, wobei Long die interessantere Biografie hat, denn er war in den 70ern für eine ganze Reihe von Erotikkomödien auf der Insel zuständig und „Screamtime“ war sein letzter Film.
Nun erwarte aber niemand einen derbe bunten Comictrip a la Romero mit reichlich roter Soße, denn dafür hat das schmale Budget Longs hier bei weitem nicht gereicht. Gut gemeint bedeutet hier nicht zwingend gut gemacht und das sieht man dem Endprodukt dann auch an. Die Puppenepisode gewinnt noch halbwegs Atmosphäre durch Dunkelheit und POV-Shots, doch das behutsame Geplocke, mit dem die Latte auf die armen Opfer nieder fährt, kann niemals die verheerende Wirkung haben, die man sieht. In der zweiten Episode muss die Tatsache herhalten, dass das Pärchen gerade in ihr „Traumhaus“ gezogen ist, dafür herhalten, dass außer einigen Kartons sich gar nichts in diesem leer stehenden Gebäude befindet – und das offenbar über mehrere Tage hinweg. Das ist dann schon atmosphärisch etwas karg. Immerhin gibt es hier gleich eine ganze Reihe von Opfern und noch einen dekorativen Kehlenschnitt dazu. Und in Episode 3 ist wenigstens die Szenerie mit Hunderten Gartenzwergen ausgestattet, doch die Gore-Effekte sind mehr als kostengünstig und wenig überzeugend gestaltet.
Darstellerisch sind solides Handwerk und blutige Amateure zugange, aber effektiv fehlt es Long einfach an inszenatorischem Talent, um aus seinen nicht mal unoriginellen Episoden etwas Besonderes zu machen, der Film erinnert an den rauen und realistischen Look britischer TV-Serien aus den 70er Jahren – und hat auch etwas zutiefst Fernsehhaftes an sich.
Dennoch – und gerade weil man den Verlauf der Episoden gut vorhersagen kann – sogar die etwas kniffligere zweite – war mir Longs Abgesang irgendwie sympathisch, eben weil man hier noch Ecken und Kanten entdecken konnte, eben weil es manchmal over the top bis zum Lächerlichen übertrieben wurde. Wäre es ein Amateuerfilm gewesen, wären die Macher stolz, gemessen am Standard kann der Film nicht mithalten und wirkt wie aus der Zeit gefallen.
Ich gönne dem Film mal 5/10, auch weil er, trotz seiner Schwächen, nie langweilig oder mit Füllszenen gestopft wirkt – ein Monument der Unmoderne, veraltet in dem Moment, als es auf dem Medium erschien, für das es erdacht worden war.
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