Eine Kritik von Blade Runner (Bewertung des Films: 7 / 10) eingetragen am 18.06.2005, seitdem 1528 Mal gelesen
Regisseur Russell Mulcahy („Highlander“, „Silent Trigger“) hatte seinerzeit schon fast seinen gesamten Kredit in Hollywood verspielt. Umso verwunderlicher ist es darum, dass er sich auf so ein Risikoprojekt einließ. Obwohl die Comicadaptionen 1994 schon erste, durchaus erfolgreiche, Gehversuche machten, war „The Shadow“ von vorn herein eine Totgeburt. Dem Radiohelden beziehungsweise später der Comicfigur fehlte es an Bekanntheit und einer Fanbase, die einen Kinofilm rechtfertigen würden. Der Film ist, für sich gesehen, gar nicht mal schlecht, nur leider mangelte es ihm an Unterstützung.
Doch das ist nur ein Grund, warum der Film bis heute nur ein Mauerblümchendasein fristet. Mulcahy inszeniert auch hier wieder tadellos. „The Shadow“ zeigt übrigens beispielhaft auf, wie visuell versiert der Mann sein kann, wenn man ihn denn lässt.
Der Fehler liegt im Drehbuch und damit bei Autor David Koepp („Jurassic Park“, „War of the Worlds“). Entweder hatte sich der Schreiberling seinerzeit nur oberflächlich mit der Vorlage beschäftigt, oder einfach darauf vertraut, dass ein einfacher Gut-Böse-Konflikt mit etwas Hokuspokus, mysteriösen Kräften und obligatorischer Love Interest für den schnellen Konsum ausreichen müssten.
Dafür reicht es auch tatsächlich aus, denn die von Mulcahy kreierte Welt, sieht optisch klasse aus. Ich persönlich stehe total auf diesen nostalgisch anmutenden Retrostyle der Dreißiger. Wir befinden uns hier durchaus in einer Fantasywelt (New York), in der sich Effekte die Klinke in die Hand geben, doch sie sehen erstaunlich oldschool aus und das wirkt jedenfalls auf mich ungeheuer charmant.
In dieser Welt lebt The Shadow alias Lamont Cranston (Alec Baldwin, „The Hunt for Red October”, „The Edge”). Der ehemals böse Drogenverchecker wurde flugs auf spirituelle Art und Weise umgepolt und zieht jetzt durch die Welt, um der Dunkelheit Einhalt zu gebieten. Schon dieser Beginn knarzt gewaltig. Die flotte Einführung von Comiccharakteren ist allerdings seit jeher problematisch, weil ein Film einfach nicht die Geduld vom Zuschauer erwarten kann, den ganzen, ausschweifenden Unterbau zu schlucken. Comics haben es da eben einfacher, weil sie die Möglichkeit besitzen die Figuren über mehrere Abenteuer Konturen annehmen zu lassen. Als Zuschauer akzeptiert man es also und weiter geht’s.
Nach einigen einführenden Shortys gegen böse Buben, die vom Shadow (Cranston kann sich unsichtbar machen, Gedanken beeinflussen etc.) kurzerhand mit einem dämonischen Lachen, zwei flink gezogenen Pistolen und mahnenden Worten abgefertigt werden, wird der Enemy Number One, Shiwan Khan (ein zufriedenstellender Mongolenstereotyp: John Lone, „Iceman“, „The Last Emperor“), der letzte lebende Nachfahre des Dschingis Khan, eingeführt. Ebenfalls etwas aus der Luft gegriffen, mit einem doch etwas zu größenwahnsinnigen Plan versehen und dann zunächst wieder komplett aus der Handlung entfernt, weil die Rekrutierung von Shadow, der sich vorzüglich als Partner eignen würde, misslingt.
Und zwar zugunsten der ebenfalls mit nicht unerheblichen Fähigkeiten ausgestatteten Margo Lane (Penelope Ann Miller, „The Relic“), die das Interesse von Cranston weckt. Mulcahy knabbert über die gesamte Filmdistanz tüchtig an dieser Beziehung und muss sie auch viel zu ausführlich breit trampeln. Damit nimmt er den Schwung aus der Geschichte und wären da nicht einige kauzige Helfer wie sein Taxifahrer Moe Shrevnitz (Peter Boyle, „Outland“), der bald sehr wichtige Professor Dr. Reinhardt Lane (Ian McKellen, „X-Men“, „The Lord of the Rings“), sowie ein in seiner Standardrolle wieder bestens aufgelegter Tim Curry als verräterischer, schleimiger Farley Claymore, würde die Chose böse baden gehen.
In Folge spult sich lediglich, wie eigentlich auch in zu vielen aktuellen Marvel-Adaptionen, ein repetiver Kampf zwischen Held und Handlangern des Bösen ab, der mit dem großen, knalligen Endfight, der die Heldenfigur dann auch endlich mal fordert, endet. Dazwischen bleibt nicht viel und obwohl Mulcahy sich alle Mühe gibt mit seiner zweifellos atmosphärischen, düsteren Inszenierung, die fehlende, inhaltliche Substanz zu kaschieren, bleibt ein Gefühl der Belanglosigkeit. Da fehlt einfach der Zugriff auf die Figur, das Mitfiebern. Die Atmosphäre ist da, nur derjenige, der uns mitreißt der fehlt. Alec Baldwin, als Superheld trotz düsterer Seiten etwas unglücklich gecastet, trägt seinen Teil dazu auch bei. Reichlich undurchschaubar ist er, dabei leider allerdings auch unnahbar.
So bleibt es eigentlich jedem Zuschauer selbst überlassen, ob er sich mit „The Shadow“ anfreunden kann. Angesichts der souveränen Inszenierung mit gut gemachter Action, tollen, gar nicht mal protzigen, sondern dem Film dienlichen, oft sparsamen und passiven statt plakativen Effekten, kann man sich hier jedenfalls ganz problemlos drin versinken lassen. Etwas fürs Auge ist es allemal. Dafür sorgt Mulcahy dann schon.
Anderseits sind die Defizite einfach nicht wegzuleugnen: Plot, mangelhafter Unterbau der Hauptcharaktere und Oberflächlichkeit der Nebenfiguren. „The Shadow“ erzählt sich, wie uninspiriert mit der heißen Nadel gestrickt – ohne Innovationen und eigene Ideen. Vor allem Margo Lane versandet diesbezüglich famos.
Fazit:
Ein immerhin soweit zufriedenstellender Fantasystreifen, der ganz auf Russell Mulcahys Inszenierung setzen kann. Für ihn bedeutete „The Shadow“ trotzdem der Abstieg in die B-Liga. Dank David Koepps lustlosem Skript, das schlampig mit seinem Helden umgeht, eine äußerst formelhafte Story wiedergibt und dabei noch interessante Nebencharaktere verschenkt, soll es für den guten Durchschnitt reichen.
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