Eine Kritik von FURANKENSHUTAIN (Bewertung des Films: 5 / 10) eingetragen am 21.08.2009, seitdem 1911 Mal gelesen
"QUENTINS SCHLECHTESTER"
Tarantinos neuer Streich, welcher sich kaum sichtbar auf einen belanglosen 70er Jahre Kriegsfilm des italienischen Großmeisters Enzo Girolami beruft, ist nun unter großem Getöse (der Lärm bezieht sich übrigens "nur" auf die BRD!) bei uns angelaufen. Der Grund für das besondere Interesse in deutschen Breitengraden liegt auf der Hand, ich gehe später noch ein wenig darauf ein. Gleich am Anfang meiner Filmbesprechung möchte ich aber meine große Enttäuschung über diesen cineastischen Flatterschiss in Worte fassen. Dieser Film ist Tarantinos schwächster, noch zwei Stufen unter JACKIE BROWN ist dieses Machwerk (ja Sie haben richtig gelesen!) einzustufen! Nachdem ich eine kurze Nacht über INGLOURIOUS BASTERDS geruht habe und eigentlich keine Worte mehr über diesen schwachen Film verlieren wollte, tue ich es doch. Ich lese nämlich andauernd Reviews von hochgeschätzten Abbonierten in der OfdB ("GhostShit", du bist der Geilste hier, aber ich kann deiner enthusiastischen Kritik echt nicht annähernd zustimmen. COPFKILLER leider auch nicht - sorry!), oder sonst so seelenverwanten Manifest Mitarbeitern zu den BASTERDS, die mich langsam aber sicher an meinem Verstand zweifeln lassen....
Es geht um eine von Brad (pseudo cool und nervend wie schon lange nicht mehr) Pitt angeführte Spezialeinheit jüdischer US Soldaten, welche im von Nazi Deutschland besetzten Frankreich auf Scalpjagd (und DAS ist bitte wörtlich zu nehmen) geht. Geständige Arier bekommen von "Apache" Pitt auch gerne mal ein Sonnenrad auf die Stirn geritzt. Dieser DIRTY DOZEN Verschnitt sorgt im Verbund mit einer jungen Pariser Kinobesitzerin mit ekligen Riesenleberflecken (Melanie Laurent) und einer als Doppelagentin agierenden germanischen Filmdiva (Diane Kruger) sogar dafür, dass Adolf nicht im Führerbunker verreckt, sondern ...
So weit die Story. Quentin stellt sofort klar, dass er ein Märchen erzählt, das ist vollkommen okay und schön so. Von Jungen im gestreiften Pyjama oder Klavierspielern habe ich nämlich so langsam die Nase voll. Der lustige amerikanische Regie Liebling schustert sich die Geschichte des zweiten Weltkrieges so zurecht, wie es ihm gerade in den Kragen passt - klasse. Doch leider funktioniert diese ganze Spinnerei mit einer Dauer von Sage und Schreibe Einhundertdreiundfünfzig Minuten nie so richtig. Von Kapitel zu Kapitel siecht die schlappe Story nur so vor sich hin. Beginnt der Film noch mit einer furiosen Verbeugung an Leones Anfangssequenz aus THE GOOD THE BAD AND THE UGLY (Waltz als Lee Van Cleef, Franzman Familie als Mexicano Familie usw. usf.), so stoppt der Streifen anschließend sein Tempo auf befremdliche Art und Weise einfach ab und stottert für den Rest seiner Laufzeit mal für ganz nette Momente sorgend, größtenteils jedoch öde mich ziemlich teilnamslos lassend vor sich hin. Der Film hat keinen Pepp. Ich habe gar keinen großen Action Kracher a la KILL BILL erwartet, aber die titelgebenden Bastardos kann man höchstens zwei Mal bei der Arbeit beobachten. Ist mir zu wenig. Die von Tarantino mit größerem Interesse bedachten Figuren, ließen mich leider kalt. Als Ausnahme ist selbstverständlich der jahrzehntelang in TV Schmonzetten verbratene Christoph Waltz (DIE ROY BLACK STORY, SCHIMPANSKI)) zu nennen. Waltz ist Hans Landa, ein verschlagener SS Offizier, der sich selbst als Detektiv sieht und einen Menschen jüdischer Herkunft schon vom Weiten "erschnuppert". Bis auf einige Sequenzen (besonders am Ende von INGLOURIOUS BASTERDS, wo der Film aber ohnehin bereits hoffnungslos den Bach runter geht) in denen Waltz einfach überdreht, gibt der sympathische Austerwitscher (entschuldigt bitte meine persönliche Verehrung für Chaplins DER GROSSE DIKTATOR) einen interessanten Fiesling ab. Ich sage nur: mehrere Fremdsprachen zu beherrschen kann nicht schaden! Ansonsten ist zu bemerken, dass Tarantino bei der Besetzung dieses Mal kein gutes Händchen hatte. Tatort Kommissar Martin Wuttke geht als Adolf gerade mal noch so durch. Im Trailer konnte man noch hoffen eine Hitler Parodie RUSS MEYERISCHER Größe ("UP'S" Anton Schwarz ist gemeint) zu bekommen, leider ist es nicht so. Sylvester Groth als Propaganda Minister und Filmfreak Goebbels hat gleich bei seiner Einführung eine Brüller Szene sexuell exploitativen Ausmaßes mit der reizenden Julie (die von Uma Verstümmelte aus KILL BILL) Dreyfus, leider geht es mit dem Hinkefuss nicht auf diesem Niveau weiter. Positive Überraschungen sind die sonst so uninteressant blasse Diane Kruger (wahrscheinlich hat Frau Kruger schönere Füße als Veronica Ferres und schnappte ihr so die Rolle weg) als Ufa Superstar Bridget von Hammersmark. Til Schweiger kann als Wehrmachts Deserteur und Nazi Killer Hugo Stiglitz (na ihr Möchtegern Filmkenner und Quentin Hardcore Fans der ersten Stunde, wer oder was ist oder war Hugo St., hm?) mit seiner tollen Visage und geschätzten drei Dialogen gut punkten. Überraschend auch die Vorstellung von Tarantino Kumpel Eli Roth (sollte lieber aufhörenScheißfilme zu drehen und sich aufs spielen konzentrieren!) als Schädelklopfer (vom Führer persönlich als "Bärenjude" gefürchtet!) - sein erster Auftritt schon ist dämonisch fies und mündet in einer ultrabrutalen Gewalteskalation. Und hier sehe ich das Problem von INGLOURIOUS BASTERDS. Der ganze Scheiß passt einfach nie richtig zusammen. Zwei, drei Gewaltausbrüche, vier bis fünf Jokes, viel zu lange nicht besonders ergiebige in Geschwätzigkeit abdriftende Dialogszenen, offensichtlich zu gewollter Anspruch, seltsame Auswahl des Soundtracks (Bowie's Song Cat People wirkt beispielsweise total deplaziert und wird völlig sinnentleert abgespult) etc. etc.
Was bleibt ist der unbedeutendste Spielfim eines eigentlich begnadeten Filmemachers, der immer dann am besten war, wenn er unverkrampft seine Exploitationsverschnitte auf das Puplikum loslassen konnte. Als sein rührendes GRINDHOUSE Projekt gnadenlos beim US Puplikum abkackte sind seine Stammproduzenten wohl langsam aber sicher etwas böse auf den Moviemaniac geworden. Anders ist für mich nicht zu begreifen, warum es ein Quentin Tarantino nötig hat, sich in Deutschland anzubiedern um nen dicken Batzen Knete von der Filmförderung abzugreifen. Anders wäre Quentins neues Werk wohl nicht zu finanzieren zu gewesen. Genau deshalb tauchen auch Nichtskönnerinnen wie die Berliner Göre Jana Pallaske in Mini Rollen dieses Streifens auf. Nicht weil der Regisseur die Tante so toll findet, sondern weil Sie wegen der deutschen Fördergelder reinrutscht (nicht anders war es in etlichen deutsch co produzierten Italo Western, wo Werner Pochat oder Herbert Fux auch mal kurz durchs Bild ritten). Das ganze Gequatsche der deutschen Filmprominenz über des Regisseurs Meisterhaftigkeit nervt auch nur. Mir sollen doch keine Brühls, Diehls oder Berkels ernsthaft zu verklickern versuchen, sie hätten (wie beispielsweise ich) im September 1992 im ehrwürdigen Mini Kino in Berlin Steglitz gesessen (denn nur da lief der Film für eine Woche, weil ihn wirklich Niemand sehen wollte!) und mit offenem Maul RESERVOIR DOGS bestaunt. Genau in dieser Business Kotze scheint sich aber Tarantino ziemlich wohl zu fühlen, was ich sehr traurig finde.
Der sehr langsame, manchmal auch langweilige JACKIE BROWN wurde nun noch in meiner persönlichen Rangliste durch INGLOURIOUS BASTERDS mit Leichtigkeit unterboten. In Tarantinos Huldigung seiner favorisierten Blaxploitation Ikone darf man wenigstens wunderschöner Musik lauschen, sehr guten Schauspielern zuschauen oder sich an Bridget Fondas hübschen Füßen erfreuen. Da sind also noch Qualitäten vorhanden. Bei den Bastardos ist dies kaum noch der Fall. Der Film schaut sogar teilweise so aus, als ob ein deutscher 08/15 Regisseur am Werke war, der auf Tarantino Filme steht und nicht der Meister selbst. INGLOURIOUS BASTERDS, der erste Quentin Tarantino Streifen den ich mir mit großer Wahrscheinlichkeit kein zweites Mal zu Gemüte führen werde, dafür ist meine Zeit zu kostbar. Und mit absoluter Sicherheit "kein Meisterwerk" ....
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