Eine Kritik von Moonshade (Bewertung des Films: 5 / 10) eingetragen am 03.10.2019, seitdem 153 Mal gelesen
Schon mal einen Film mit einem doppelten Abspann gesehen?
Ja, kommt eher selten vor – aber normal ist an „Curtains“ eigentlich sowieso nichts wirklich, mal abgesehen davon, dass sich der Film in der großen Tsunami-Welle der Früh-80er-Slasher bewegte und auch dort ein ungesehener Killer unter einer Alte-Frauen-Gesichtsmaske sich durch ein Gruppe Schauspielerinnen meuchelt, um einen ganz dolle Rolle zu bekommen.
Aber das ist nur die Oberfläche, die eine simple Inhaltsangabe ankratzt.
Viel interessanter ist die ganze Produktionsgeschichte dieses – optisch übrigens sehr ansehnlichen – Filmwracks, welche den Plot lässig in den Schatten stellt.
Nur soviel: originär wurde 1980 gedreht, aber schon da wurden Darsteller und Crewmitglieder getauscht und kaum waren gut 45 Minuten Material gedreht, kriegten sich Regisseur Ciupka und Produzent Simpson über die generelle Ausrichtung des Films präfinal in die Haare.
Wollte der Regisseur einen kunstvollen Thriller den typischen Hack’n-Slash-Schaustücken entgegenstellen, war die Produktion an einem rasanten Metzler für die ganze Familie (also die Teenagerschar) interessiert.
Ergo wurde ab 1981 fleißig nachgecastet, die Darsteller wieder eingeladen, umgeschrieben, das Drehbuch angepasst, ein Ende gedreht, noch ein Ende gedreht und am Ende haben die wackeren Michael MacLaverty und Henry Richardson in ihrer Editing-Suite aus diesem Puzzlespiel tatsächlich noch so etwas wie einen Film geschnitten (wobei sich nicht eben auf ein kohärentes Drehbuch geachtet haben, aber das sollte ja nicht ihr Problem sein) haben, der 1983 dann auch veröffentlicht wurde.
Worum geht’s?
Um Audra!
„Audra“ ist ein gar ambitioniertes Filmwerk, für das die weibliche Hauptrolle besetzt werden soll.
Und dann ist da Star-Dama Samantha Sherwood, die Erfolgsaktrice des gefeierten Regisseurs Jonathan Stryker, die natürlich wie üblich davon ausgeht, die Hauptrolle einzukassieren.
Weil sie aber schon Fältchen kriegt, nützt ihr kreativer Führer die Schnapsidee, die mental gestörte Traumrolle mal vor Ort in einem Irrenhaus zu studieren, aus, um die Holde vorerst loszuwerden. Nach einigen Trainingswochen mit Zimmernachbarinnen mit Schreikrämpfen und Kitzelattacken älterer Damen, ist Miss Sherwood so malle, dass er sie getrost als Wrack dort zurücklassen kann.
In der Folge landet die Filmidee erst im Regal, dann wieder auf dem Tisch, aber diesmal mit sechs künstlerisch wertvollen Damen (Schauspielerinnen, Tänzerin, Eiskunstläuferin und eine Stand-up-Komikerin) zur besseren Auswahl bedacht.
Die wollen sich in der eingeschneiten Edelhütte unseres Starregisseurs zwecks Konkurrenzkampf treffen. Eine von ihnen jedoch - die zuvor schon bizarrerweise (ein sinn- und folgenloses Element für den Film, wie so viele hier) von einem maskierten Angreifer vergewaltigt wurde, der sich dann als ihr Freund entpuppte – hat einen mysteriösen Traum von einer Landstraßenfahrt und einer traurigen Kinderpuppe, die plötzlich mitten auf der Fahrbahn steht. Kaum erwacht sie aus diesem Alptraum, als sie auch schon in ihrer Wohnung reell gemeuchelt wird – und der Killer klaut sich die Gesichtsmaske einer alten Frau, die im Schrank rumliegt.
So kommen also nur fünf statt sechs Damen ins verschneite Wunderland zum Proben und Knattern, doch beim Dinner steht Samantha Sherwood, eben noch schwer auf Psycho, putzmunter in der Tür und macht auf Alexis Carrington, obwohl klar ist, dass die Rolle für sie nicht zu haben ist.
Der Rest des Films besteht dann aus der Dezimierung der Anwesenden, wobei wirklich extreme Gewalt (abgesehen von einem abgetrennten Kopf) nirgendwo zu entdecken ist, dafür aber die schwarz behandschuhten Hände des Killers, der also wunschgemäß vom Stamme der Giallos zu sein scheint.
Wem das alles noch ziemlich strukturiert klingt – so als Horrorplot-Mindestanspruch – der muss diese gerade mal 89 Minuten erst gesehen haben. Dann wird nämlich auch deutlich, dass hier sehr viele Köche einen total verwürzten Brei angerührt haben, der nicht nur stilistisch nicht ganz eindeutig ist, sondern inhaltlich äußerst selten zusammen passt.
Da geht für einzelne Abschnitte unglaublich viel Zeit drauf, etwa 20 Minuten für die Irrenhausstory, die übertrieben bis harmlos aufgebaut ist und zu nichts führt. Dann verbringen wir sehr viel Zeit mit dem ersten Opfer und seiner „Vergewaltigung“, einem unmotivierten Alptraum mit einer Puppe (ohne Bezug zum Plot) und einem rätselhaften Abgang.
Ein weiteres längeres Setpiece betrifft die (eher mangelhaften und daher dann auch von einem Double betriebenen) Eislaufkünste von Lesleh Donaldson in einer Sequenz, die, so man den Gerüchten glaubt, Spannungsgeschichte geschrieben hat, in Wirklichkeit aber eher hüftlahm daherkommt.
Die Gute geht nämlich mit einem kompakten Kassettenrekorder Eislaufen auf einem einsamen Teich, bis plötzlich die Mucke verstummt. Dann buddelt sie – vollkommen zusammenhangslos – genau die Puppe aus dem Traum ihrer Konkurrentin aus dem Schnee, als sie auch schon von einer weiteren Eislauffigur mit eben der Alte-Frauen-Maske mittels einer Sichel attackiert wird. Die Sichel entpuppt sich als keine besonders geschickte Angriffswaffe, aber das Opfer gebärdet sich auf der Flucht so wehleidig, dass sie dann doch (ja wirklich!) im Klo landet.
Dann wird ein klein wenig gebitcht, aber ein Blick auf die Uhr bedeutet uns, dass der Film schon auf die Schlussgerade geht. Also sterben erst mal flugs vier Personen in Rekordzeit (teilweise im Off), währen dim Anschluss enorm viel Zeit für ein weiteres Opfer verwandt wird (eines, mit dem sich der Film noch keine 30 Sekunden beschäftigt hat), welches verängstigt durch das Gebäude flieht.
Wie weilend in einer „Schirm,Charme und Melone“-Episode gerät sie dabei in ein verschachteltes Lagerhaus für Filmrequisiten, in dem sie von dem schnaufenden Killer verfolgt wird. Die Optik, das Licht, die Atmo und die Ausstattung sind großartig – nicht so großartig ist jedoch das Drehbuch, in dem das Opfer den Täter sagenhafte zweimal komplett zu Boden geschlagen hat, um dann doch wieder wimmernd zu fliehen.
Über das wirre Ende, bei dem man wirklich nicht blinzeln sollte, um die Auflösung nicht zu verpassen, will ich lieber kein Wort verlieren, die Fragmente und Interviewaussagen bezüglich weiterer gedrehter Enden klingt wesentlich vielversprechender.
Das ist dann aber auch egal, denn „Curtains“ ist da schon ein wilder Mischmasch, bar jeder Nachvollziehbarkeit etwaiger Motivationen, vom monoton agierenden John Vernon über die ziellos wild vor sich hin funkelnde Samantha Eggar bis zur Haserl Donaldson, die wirklich nicht mit den Darstellerkünsten geprügelt wurde. Ex-Emma-Peel-Nachfolgerin Linda Thorson hat auch eine Rolle, aber überhaupt nichts zu tun und dass der halbe Cast in anderen namhaften Horrorfilmen mitgespielt hat, gereicht niemandem zur Ehre.
Ungeklärt bleiben leider auch die Rolle und Herkunft der Puppe und warum das alles „Curtains“ heißt, denn nicht eine Szene spielt auf einer Bühne und kein Abgang hätte einen „Vorhang“ verdient.
So kommt es dann, dass diese Bastelstunde, die optisch eindrucksvoll ausschaut (meine Favorit ist nicht die Eislaufsequenz, sondern das „prop house“), am Ende zwei Abspänne hat, weil zwei total unterschiedliche Teams etwa gleich viele Anteile des Films gedreht haben – nur leider eines einzigen Drehbuchs.
Gerade deswegen veredele ich dieses Wrack aber noch mit 5/10, gerade weil das so rasend interessant ist, wenn man sich in die Drehmaterie des Films erst mal eingelesen hat. Passt zwar alles nicht recht zusammen, aber als Stilmix nicht so dröge und deppert wie vieles, was sonst noch so tot und zerfleischt den Fluß runtergeschwommen kommt.
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