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Gang in die Nacht, Der (1921)

Eine Kritik von Ännchen von Tharau (Bewertung des Films: 5 / 10)
eingetragen am 31.08.2009, seitdem 586 Mal gelesen



Friedrich Wilhelm Murnau hat ganz unterschiedliche Filme gedreht. In seinem Oeuvre finden sich Werke der verschiedensten Genres, die jedoch alle gemeinsam haben, dass ihre Geschichten in beeindruckenden Bildern erzählt werden, bei denen nicht selten Landschaften eine besondere Rolle spielen. Während Murnau mit NOSFERATU einen meiner liebsten Filme überhaupt inszenierte, konnten mich auch DER LETZTE MANN und FAUST ziemlich begeistern, wohingegen ich beispielsweise mit DER BRENNENDE ACKER kaum etwas anfangen konnte. Bei DER GANG IN DIE NACHT handelt es sich zusammen mit SCHLOSS VOGELOED um das frühste erhaltene Werk Murnaus. Sämtliche fünf Filme, die er zuvor drehte, gelten heute als verschollen.

Ein glücklich verlobter Arzt besucht zu Beginn des Films mit Freunden eine Tanzshow. Zunächst zeigt er sich wenig interessiert an den Damen, die auf der Bühne ihre lasziven Tänze aufführen, bis ein Mädchen in einem witzigen Kostüm ins Scheinwerferlicht tritt, das die Form einer Rosenknospe hat. Nach und nach fallen die Blätter herab, um das Mädchen im Innern zu entblößen, das sich als klassischer Vamp entpuppt, der schnell ein Auge auf den renommierten Doktor geworfen hat. Um sich seiner Aufmerksamkeit zu versichern, täuscht sie einen Ohnmachtsanfall vor. Schon bei der Untersuchung, die der zu Hilfe eilende Arzt in einem Raum hinter der Bühne mit dem Mädchen anstellt, beginnt sie damit, ihre Verführungskünste an ihm auszuprobieren, und so dauert es nicht lange bis der Arzt sich von seiner Verlobten trennt und gegen die Tänzerin austauscht. Zusammen mit ihr, die er inzwischen ehelichte, zieht er aufs Land, wo er eine kleine Praxis eröffnet. Während die ehemalige Verlobte des Arztes vor Liebeskummer förmlich dahinsiecht, taucht ein blinder Maler in dem Dorf auf und sucht die Hilfe des Arztes, um sein Augenlicht zurück zu erhalten. Der Doktor kann nicht ahnen, welche Konsequenzen ihm aus der Entscheidung erwachsen werden, die Operation an dem Künstler durchzuführen…

Für mich ist Murnau mit DER GANG IN DIE NACHT noch weit von seinen späteren Fähigkeiten entfernt, die ihn zu einem der einflussreichsten und erfolgreichsten Regisseure überhaupt werden lassen sollten. Ein Jahr vor NOSFERATU hat er ein recht simples Liebesdrama inszeniert, dessen Handlung sich interessanter anhört als sie in Wirklichkeit ist. Die Charaktere laden einen nicht wirklich dazu ein, sich mit ihnen zu identifizieren, und agieren fast alle in einer sehr theatralischen, unnatürlichen Weise, die viele Stummfilme in den Augen eines heutigen Betrachters lächerlich wirken lassen, was mich wundert, da mir in keinem andern Film von Murnau derartig exaltierte, melodramatische und überzogene schauspielerische Leistungen aufgefallen sind. Vor allem Olaf Fønss, der die Hauptrolle, den Arzt, verkörpert, hat mich, bis auf eine Szene, nicht wirklich überzeugt. Eine Ausnahme bildet immerhin Conrad Veidt in der Rolle des blinden Malers, dessen Schauspiel dadurch, dass es natürlicher und besonnener wirkt als das des restlichen Cast, nicht wirklich zu dem Film zu passen scheint.
Neben der Geschichte, die ich eher uninteressant fand, dem ziemlich anstrengenden Schauspiel und dem außerordentlich langsamen Tempo gab es wenig, was mir wirklich gefallen hat. Nur selten blitzt Murnaus Genie auf, bezeichnenderweise zumeist bei Landschaftsaufnahmen außerhalb der Ateliers. Die Szene, in der Conrad Veidt aufrecht in einem Boot stehend an einem Strand unweit des Dorfs ankommt, sticht positiv aus dem Film hervor. Überhaupt haben mich sämtliche Aufnahmen der Küste an die Szenen in NOSFERATU erinnert, in der Ellen auf einem Strandfriedhof auf eine Nachricht ihres Hutters wartet. Recht witzig fand ich auch eine Szene, die mit der eigentlichen Geschichte im Grunde nicht viel zu tun hat und in der die Liebste des Arztes diesem einen Streich spielt und als Bäuerin verkleidet seine Praxis aufsucht. Während er ihre Füße untersucht, lüftet sie den Schleier, der ihr Gesicht bedeckt, schaut direkt in die Kamera und blinzelt dem Zuschauer verschwörerisch zu, macht ihn quasi zum Komplizen ihres Spaßes. Über dem Rest herrscht eine bedrückende Schwere und Ernsthaftigkeit. Die dramatische Geschichte scheint wie eine Last auf dem Film zu liegen. Murnau inszeniert sie, abgesehen von dieser einen Szene, wie einen Trauermarsch, den anzuschauen zumindest mir keine besondere Freude bereitet hat.
DER GANG IN DIE NACHT ist kein Stummfilm, an dem die Zeit spurlos vorübergegangen ist. Ich kann mir vorstellen, dass in hundert Jahren NOSFERATU noch immer für eins der betörendsten und erschreckendsten Filmgedichte gehalten wird, und dass Emil Jannings als Portier in DER LETZTE MANN das Publikum zu Tränen rührt. Das Gleiche gilt, meiner Meinung nach, für DER GANG IN DIE NACHT nicht. Zu antiquiert, zu steif wird er auf heutige Betrachter wirken. Im direkten Vergleich fand ich sogar den ebenfalls nicht perfekten Kriminalfilm SCHLOSS VOGELOED um Längen besser. Allerdings halte ich es für möglich, dass die Besucher der Kinos, in denen der Film damals lief, ihn nicht ganz so schlecht beurteilten wie ich, der ich ihn vor allem im Kontext von Murnaus Gesamtwerk betrachte. Trotzdem ist DER GANG IN DIE NACHT für mich ein vernachlässigbarer Film, in dem mir nur ein paar Einzelszenen und das Schauspiel von Conrad Veidt gefielen.


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