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Attrition - Gnadenlose Jagd (2018)

Eine Kritik von Der Zerquetscher (Bewertung des Films: 7 / 10)
eingetragen am 13.01.2020, seitdem 549 Mal gelesen



Steven Seagal hat abgespeckt. So ein bisschen. Ein ganz kleines bisschen. Naja. Eigentlich nicht. Und doch gelingt dem Mann etwas, das man kaum noch für möglich gehalten hätte als leidgeprüfter Jemand, der dem selbstverliebten Ersatz-Buddha all die Jahre die Treue gehalten und auch den hinterhofigsten Story-Konfettiregen mit Ostblockcharme ertragen hat - in der Hoffnung, dass da irgendwann doch noch einmal etwas halbwegs Brauchbares erscheint. Und siehe, Siddhartha hat die Gebete erhört und dafür gesorgt, dass wir womöglich ein allerletztes Mal dem 1,95 Mann dabei zusehen dürfen, wie er sich nicht durch ein wachkomatöses C-Movie boxt, sondern überraschend behände einen (erzählerisch natürlich dennoch völlig beknackten) B-Film zum Streamen anbietet. Aber wen wundert's, dass „Attrition" (was so viel wie „Abnutzung" oder „Abrieb" bedeutet [Auch nach Kenntnis der Story weiß freilich niemand warum]) besser ist als so viel Schrott der letzten zwanzig Jahre? Denn der Meister selbst hat Hand angelegt. Also nicht an sich selbst. Sondern ans Drehbuch. Und schon lässt sich die neunzigminütige Selbstbeweihräucherung mit esoterischem Zinnober und Geisha-Traumeinlagen ganz gut konsumieren (oder psychisch bewältigen). 

Der ehemalige Söldner Axe (Steven Seagal) sucht, nach einem Leben der Gewalt, Seelenfrieden im idyllischen Thailand. Kennt man. Dort, zum Buddhismus konvertiert (eine Parade-Parallele zum echten Stefan Seemöwe), heilt er in einem abgelegenen Dorf im Dschungel die ihm in Heerscharen die Bude einrennenden Dorfbewohner oder entwaffnet selbstmordgefährdete Alkoholiker. Es könnte alles so schön sein. Die Hinterwäldler sind glücklich, die Mädels des Kaffs himmeln den Rentner mit Seehund-Bart förmlich an und die Erinnerungen an einst verblassen oder werden vom kitschigen Tiger-im-Busch-Wohlfühl-Setting übertüncht. Doch dann geschieht etwas, das die alte Streitaxt wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt: Ein böser Kung-Fu-Meister entführt in der Nachbarschaft ein unschuldiges Mädchen, das angeblich den sechsten Sinn hat. Was wenig Sinn macht. Denn auch wenn es unangenehmere Gefängnisse gäbe, will der Schuft mit diesem Kind einen Fluch brechen, der ihn seit vielen Jahren in einem städtischen Bordell gefangen hält (what the f...?). Als dessen verzweifelter Papa ihn darum bittet, seine Tochter zurückzuholen, wird Axe seinem Namen gerecht, vergisst für ein paar Szenen sein Feng-Shui, schnappt sich ein paar Äxte, reflektiert auf gröbste Gewalt und haut allen schmierigen Hawaii-Hemd-Typen der Umgebung die Kacke aus dem Kopf. Oder säbelt ihnen die Griffel ab. Oder verknotet die armen Teufel zu menschlichem Ankerstich. Und zwar so lange, bis die Familie wieder vereint ist und Axe endlich wieder Doktor spielen darf.

Ein wenig Transves- äh Transzendenz hier, ein bisschen nackte Haut dort - und ein omnipotenter Steven Seagal feist mittendrin. Der Mann kann zwar nicht spielen. Und keine Drehbücher schreiben. Und im echten Leben auch mit Brille keine Diktatoren erkennen. Und seine Versuche Gitarrenspiel zu imitieren sind so jämmerlich, dass selbst jeder Ghetto-Rapper, der von Instrumenten und Musik keinen Schimmer hat, auf den allerersten Blick sieht, dass der dicke Typ, der da sitzt, nicht wirklich das zupft, was man da hört. Aber, so gewagt das klingen mag, Steven Seagal hat Charisma. Wenn auch ein pechschwarzes. Der japanisch sprechende Actionstar gibt nicht den Brutalo (im Gegensatz zur Konkurrenz um Norris, Van Damme und Lundgren), er ist tatsächlich ein rücksichtsloser Charakter. Er ist, wie der junge John Wayne, zwar kein großer Mime, aber eben gut darin, er selbst zu sein. Denn dafür muss man ja nicht spielen. Steven Seagal kann immer noch schwerstverletzten und zum Krüppel hebeln. Und zwar ohne nennenswerte körperliche (oder moralische) Beschwerden. Unter Zuhilfenahme quasi hydraulischer Energie wird jeder, der so doof ist, seinen Arm freiwillig in den menschlichen Schraubstock zu stecken, durch den Fleischwolf gedreht oder lebendig seziert. Die Hybris des sich in vielen anderen Bereichen grotesk selbstüberschätzenden Mannes hinter der Buddha-Fassade lässt die reale Bedrohung nur um so berechtigter erscheinen. Das und seine formidable Kampfkunst sind das ganze Geheimnis seiner Filme.

„Attrition" ist tatsächlich der beste, oder besser, der am wenigsten schlechte Film seit seinem letzten wirklich guten Film „Exit Wounds" (2001). Keine unausgeleuchteten Billig-Kulissen am Schwarzen Meer. Kein Alzheimer-Drehbuch, das an seinem wirren Ende längst vergessen hat, worum es am Anfang ging. Und wenig bis gar kein Körper-Double-Einsatz. Steven Seagal zeigt seit langem mal wieder, wie gefährlich er in Wahrheit ist. Entsprechend ist er natürlich nie auch nur kurz nicht völlig Herr der Lage. Aber das ist man gewohnt, und das ist nicht schlimm. Bedenklich ist es, nüchtern betrachtet, trotzdem, dass sich zum realen physischen Können des Trägers des siebten Dans ein metaphysischer Erklärungsversuch für sein Schaffen (und für sich selbst) gesellt, und zwar so sehr, dass man gar einen protoreligiösen Unterton vernimmt. Ja, Steven Seagal ist größenwahnsinnig. Und das ist irgendwo wahnsinnig lustig. Derselbe Typ, der für ein Leben ohne Gewalt plädiert, genießt es sichtlich, anderen weh zu tun. Der Kerl, der Genügsamkeit, Geduld und Askese propagiert, befummelt auf seinem Trip ins Land der Schmetterlinge jedes leicht bekleidete Mädchen, das sich auf Armeslänge nähert. Verrückt! Für gewöhnliche Filmfreunde ist dieser Streifen Schrott. Und daran führt keine Ausrede vorbei. Für Fans des megalomanen Kampfsport-Lüstlings hingegen führt kein Weg drum rum. Einen persönlichen Wunsch hätte ich trotzdem noch. Einen Kleinen. Vor seinem Karriereende möchte ich noch etwas Großes von ihm sehen. Etwas wirklich Megamäßiges. Zum Beispiel: „Seagal vs. Godzilla". Oder „Steven rettet King Kong". Oder „Steven Seagal ist: Godzilla". Man sollte manchmal aufhören, wenn's am schönsten ist. 


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