Eine Kritik von Sauza (Bewertung des Films: 6 / 10) eingetragen am 13.01.2021, seitdem 114 Mal gelesen
Nach einem mißglückten Einsatz, bei dem ihr Kollege ums Leben kam, will die ex-Polizistin Megan Reed (Shay Mitchell) ihre Alkohol- und Tablettensucht loswerden. Einem Tip ihrer Gruppenleiterin von den Anonymen Alkoholikern folgend verdingt sie sich in der Nachtschicht eines großen Bostoner Krankenhauses, wo sie angelieferte Leichen für die Pathologie in Empfang nimmt - eine wenig spannende Arbeit zu einer Zeit, zu der andere unterwegs sind, doch die sportliche Endzwanzigerin hat ein Ziel, das sie mit genau diesem Job erreichen will. Bereits in der ersten Nacht jedoch wird neben anderen die Leiche einer ermordeten jungen Frau eingeliefert, die neben größeren Schnittwunden auch Brandspuren aufweist. Es ist die titelgebende Hannah Grace (Kirby Johnson), deren - vergeblichen - Exorzismus 3 Monate zuvor man in der Eingangsszene des Films kurz mitverfolgen konnte. Megan, die davon nichts weiß, gelingt es trotz polizeilicher Routine nicht, der Toten die Fingerabdrücke abzunehmen, außerdem fallen Gegenstände vom Tisch, als sie die Leiche ins Kühlfach schieben will. Doch das ist erst der Anfang einer teuflischen Nachtschicht, denn der Hannah Grace innewohnende Dämon erweckt die Tote bald zu neuem Leben...
Für sein Erstlingswerk hat sich Regisseur Diederik Van Rooijen eine ziemlich konventionelle Spukgeschichte ausgedacht, die er aber in einer durchaus passenden Location spielen läßt: die nächtlich dunklen Gänge, vermeintlich durch Videokameras gesichert, bilden eine schöne Kulisse für die merkwürdigen Erscheinungen (inklusive unvermeidlicher Jump Scares), die der Zuseher meist aus Megans Perspektive erleben darf. Mit der gleichzeitig tough und doch verletzlich auftretenden Kanadierin Shay Mitchell sowie der akrobatisch begabten Kirby Johnson sind auch zwei überzeugend wirkende Protagonistinnen am Werk, doch damit hat es sich storytechnisch dann auch schon, denn die Geschichte, die weitgehend bereits bekannten Pfaden des Genres folgt (The Autopsy of Jane Doe und Konsorten), verläuft schnörkellos und vorhersehbar um in einem ebenso überraschungsarmen Finale zu kulminieren.
Die wenigen blutigen Szenen sind sauber getrickst, besonders Hannahs Körper, dessen Oberteil man durch das häufige Öffnen des Leichensacks immer wieder formatfüllend begutachten kann, ist mit seinen merkwürdig leuchtend blauen Augen geradezu schaurig-schön hergerichtet, doch nützt sich dieser Effekt schon bald ab, zumal man nichts über ihr Vorleben erfährt. Das nämlich wird erst nach zwei Dritteln Filmlaufzeit kurz angerissen, als ein Priester als Erklärbär auftritt. Warum sich Hannah wie eine Spinne durch die Gänge des Krankenhauses bewegt bleibt ebenso unbeantwortet wie der irritierende Umstand, daß sie Megan bei ihren Attacken seltsamerweise verschont.
Vielleicht mußte der Streifen, der erst zwei Jahre nach Drehschluß veröffentlicht wurde und mit 85 Minuten etwas kurz ausfiel, auch zuviele Änderungen über sich ergehen lassen, denn die eine oder andere Idee scheint der Regisseur durchaus gehabt zu haben, nur leider wurden diese Fäden nicht weiter verfolgt: Da wäre beispielsweise der Blutstropfen, den Megan unbemerkt - von der Kamera jedoch deutlich eingefangen - auf den Leichensack tropfen läßt, der kleine Ball, mit dem sich die Aushilfs-Pathologin die Zeit vertreibt oder auch die Bedeutung einer Fliege, die oftmals wie zufällig, ja geradezu unbeabsichtigt auftaucht (in der Eingangsszene, später bei der Anlieferung, irgendwann als großer Schwarm und zu guter Letzt ganz zum Schluß in der Dusche) und daher leicht übersehen werden kann - eine klare Anspielung auf den Teufel, den "Herrn der Fliegen", leider zu wenig herausgearbeitet, um dem Mainstream-Horror-Publikum aufzufallen.
So bleibt The Possession of Hannah Grace dann ein zumindest routiniert abgedrehter Horror-Flic, der leidlich unterhält, aufgrund seiner konventionellen Story jedoch kaum über Mittelmaß hinauskommt. 5,51 Punkte.
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